14.12.2022 - 18:13 Uhr
Franz Fischer
Nr. 8043
680

Planungsbeschleunigung in diesem Jahr gescheitert

(Berlin) – Der Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Planungen im Verkehrsbereich konnte nicht wie geplant am Mittwochmorgen im Bundeskabinett eingebracht werden. Eine Einigung verschiebt sich nun auf das nächste Jahr.

Über drei Stunden saßen FDP-Verkehrsminister Volker Wissing und die Grünen Umweltministerin Steffi Lemke am Dienstagabend beim „Friedensgipfel“ mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen. Doch zu einer Einigung kam es nicht. Das Planungsbeschleunigungsgesetz für den Verkehrsbereich, so wie es sich die Ampelkoalition fest vorgenommen hatte, kam nicht zustande. Grund ist die Ablehnung der Grünen von Straßen. Vorgeschoben werden Klimaschutzargumente.

„Wir wollen Projekte bei Windkraft, Schienenverkehr, Wasserstoff-Infrastruktur und Stromtrassen beschleunigen“, sagte der Grünen Rechts- und Verkehrspolitiker Lukas Benner im Vorfeld. Die FDP will aber auch beim Straßenbau beschleunigen, so betonte es Generalsekretär Bijan Djir-Sarai am Montag: „Es ist befremdlich, dass hier einige zwischen guter Infrastruktur und schlechter Infrastruktur unterscheiden.“

Der Entwurf eines Gesetzes „zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich“ ist für die  Grünen aus mehreren Gründen nicht akzeptabel:

Bei Ersatzneubauten von Brücken soll die Umweltverträglichkeitsprüfung teils entfallen. „Das wäre eine faktische Vorwegnahme des Straßenausbaus“, schimpfen die Grünen.  Die Grünen stören sich auch daran, wie der Entwurf den einfach zu genehmigenden Brücken-Ersatzneubau definiert. Nämlich als „eine Änderung, die im Vorgriff auf einen beabsichtigten Streckenausbau erfolgt“. Das hieße Brücken könnten breiter gebaut werden. Das halten die Grünen für unzulässig. In der FDP hingegen besteht der Verdacht, die Grünen wollten durch die Forderung nach Eins-zu-eins-Ersatz einer baufälligen Brücke eine unzureichende Infrastruktur zementieren.

Der zweite Streitpunkt liegt darin, wie die Beschleunigung von Planungen für Straßen begründet wird. Nämlich damit, dass ein betroffenes Verkehrsprojekt „ im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient“. Damit sind die Grünen ganz und gar nicht einverstanden. Schnellere Genehmigungen sollen für „Bau oder Änderung einer Bundesfernstraße“ gelten, „die fest disponiert ist oder für die der Bedarfsplan einen vordringlichen Bedarf feststellt“. Somit würden Projekte, die laut dem bestehenden, bis 2030 reichenden Bundesverkehrswegeplan und der zugehörigen Ausbaugesetze vorgesehen sind, auch im Straßensektor als so wichtig gelten, dass die Genehmigung stark zu vereinfachen wäre. Das missfällt den Grünen am meisten: „Wir müssen noch an vielen Stellen fragen, ob die Straßenprojekte in der Abwägung mit dem Schienenausbau noch angemessen sind. Daher wäre es völlig falsch, jetzt schon zu erklären, dass all jene Straßenprojekte im überragenden öffentlichen Interesse wären.“

Bundesminister Volker Wissing sprach sich bei einer Pressekonferenz am Dienstagmittag auch für die Bahn aus. „Ich will nicht, dass Sanierungen am Geld scheitern“, erklärte er. Andererseits lehnte er einen Vorrang der Bahn vor dem Straßenverkehr ab. Bei dem geplanten Beschleunigungsgesetz ginge es nicht um eine Priorisierung, welcher Verkehrsträger oder welches Einzelprojekt vorrangig gebaut werden solle, sondern einzig und allein um schnellere Planung. „Mein Auftrag als Bundesverkehrsminister ist es nicht, Deutschland in Engpässe zu treiben“, so Wissing.

Steffi Lemke will im „Autobahnstreit“, wie es die Koalitionäre nennen, hart bleiben. Ortsumfahrungen kommen in der Diskussion gar nicht vor und betroffene Menschen ebenfalls nicht. Lemke gibt vor, dass es ihr um die Einhaltung des Koalitionsvertrags gehe. Nämlich, bei der Bahn Tempo zu machen und bei den Straßen auf „einen stärkeren Fokus auf Erhalt und Sanierung zu legen, mit besonderem Schwerpunkt auf Ingenieurbauwerke“.

SPD-Fraktionsvize Detlef Müller kritisierte Wissing am Dienstag ebenfalls: „Wir können nicht alle Verkehrsträger auf lange Sicht gleich betrachten, wenn wir jemals unsere Klimaziele erreichen wollen. Neue Autobahnen sollten aber definitiv nicht von beschleunigten Verfahren profitieren“, sagte er im Interview mit dem SPIEGEL. Die Planungsbeschleunigung soll aber auch für Bundesstraßen und Ortsumfahrungen gelten, die somit ebenfalls nicht beschleunigt werden.

Klare Worte fand der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange: „Wie kann man hier noch von Aufbruch, Fortschritt und Beschleunigung sprechen, wenn die Konflikte zwischen Grünen und FDP dazu führen, dass auf Deutschlands Straßen und Schienen nichts voran geht? Die Grünen wollen unsere Straßen vorsätzlich zu Schlaglochpisten zurückbauen und riskieren den Zusammenbruch von Brücken.“


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