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Planungsmöglichkeiten von Bundesfernstraßen
Grundsätzlich planen die Bundesländer im Auftrag des Bundes die Bundesstraßen, die DEGES im Auftrag der Autobahn GmbH des Bundes seit dem 1. Januar 2021, die Bundesautobahnen. Außerhalb der drei ÖPP-Betreiber-Modelle ist es in Deutschland durch Dritte im Allgemeinen nicht möglich Bundesfernstraßen zu planen, zu bauen, zu betreiben und zu erhalten.
Planung durch Dritte
Eine Ausnahme bildet die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) sowie in Baden-Württemberg die „Verwaltungsvorschrift des Verkehrsministeriums über die Finanzierung der Planung und des Baus von Landes- und Bundesstraßen durch Dritte“, die „VwV Finanzierungsbeteiligung Straßen“, aus dem Jahre 2018. Sie ermöglicht Dritten die Finanzierung und Durchführung der Planung von Bundesstraßen in Baden-Württemberg. Die Voraussetzungen hierzu sind jedoch sehr restriktiv. Unter anderem erhalten planende Dritte vom Land für die von ihnen erbrachte Planungsleistungen keine Vergütung. Vielmehr haben sie nicht nur die Planungsrisiken und die kompletten Planungskosten bis zur Planfeststellung zu tragen, sondern auch eine jährliche Betreuungskostenpauschale an die Landeskasse zu entrichten. Für die erbrachte Leistung erhalten sie nach Abschluss des Bauvorhabens lediglich einen Anteil der sogenannten Zweckausgabenpauschale des Bundes erstattet, die jedoch die tatsächlichen Kosten nicht deckt. Die VwV gilt bei Bundesstraßen zudem nur für Maßnahmen im Vordringlichen Bedarf des jeweils geltenden Bundesverkehrswegeplans, jedoch nicht des Bedarfsplans und tritt am 5. November 2025 wieder außer Kraft. Insgesamt vermittelt die VwV den Eindruck, dass Planungen durch Dritte nicht erwünscht sind. Bei der Ausarbeitung der Verwaltungsvorschrift soll Verkehrsminister Winfried Hermann sein Veto eingelegt haben. Er soll es erst nach der Einarbeitung seiner gewünschten Änderungen niedergelegt haben. Heraus kam eine Verwaltungsvorschrift, die aufgrund ihres abschreckenden Charakters kaum angewandt wird. Bekannt ist bisher, dass etwa die Planung der B 311/B 313 bei Sigmaringen, die sogenannte Nordtrasse, auf Grundlage dieser Verwaltungsvorschrift erfolgt.
Auf Grundlage der „VwV Finanzierungsbeteiligung Straßen“ beschloss der Landkreis Ravensburg im November 2017 den Beitritt zu einer neu zu gründenden Planungsteam Bodensee-Oberschwaben GmbH (PBO). Die PBO sollte damit betraut werden, Bundesstraßen in der Region Bodensee-Oberschwaben bis zur Erlangung des Baurechts zu beplanen, da das Land hierzu nicht zeitnah in der Lage war. Als erstes Projekt im Landkreis Ravensburg war der B 30-„Lückenschlusses“ von Bad Waldsee bis zum Egelsee vorgesehen. Dafür beabsichtigte der Landkreis Ravensburg insgesamt rund 13 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Die erste eine Million Euro wurden in den Kreishaushalt 2018 eingestellt.
Jedoch verlangten das Landesverkehrsministerium und Innenministerium Baden-Württemberg Änderungen. Das Land erklärte zudem, die B 30-Planung bei Gaisbeuren und Enzisreute unter keinen Umständen zurück zu übernehmen oder gar fortzuführen, sobald die Planungsteam Bodensee-Oberschwaben GmbH einmal mit der Planung begonnen habe.
Im März 2019 kam die Planungsgesellschaft erneut auf die Tagesordnung des Kreistages Ravensburg. Die Kreisräte stimmten erneut mehrheitlich für die Gründung, verlangten nun aber von der „begünstigten“ Stadt Bad Waldsee einen Finanzierungsanteil von 26 % an den gesamten Planungskosten. Die Stadt Bad Waldsee, die zuvor zwei Millionen Euro Planungsgelder in Aussicht stellte, konnte die finanzielle Forderung nicht verantworten.
Noch Ende 2019 war eine Einigung zwischen der Stadt Bad Waldsee und dem Landkreis Ravensburg nicht erzielt. Einige Kreisräte äußerten sich, dass die Stadt Bad Waldsee einen ordentlichen Anteil tragen soll. SPD-Kreisrat Rudolf Bindig meinte, dass seine Solidarität bei diesen Kosten aufhöre. Der B 32 Molldietetunnel Ravensburg sei in trockenen Tüchern und die B 30-Planung nicht so wichtig, so der Kreisrat und ehemalige Bundestagsabgeordnete aus Weingarten.
Zu einer Gründung der PBO kam es nicht mehr. Der Landkreis Sigmaringen übernahm in Eigenregie die Planungen an der B 311/B 313 Nordtrasse.
Die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (DEGES) ist eine am 7. Oktober 1991 gegründete Projektmanagementgesellschaft, deren Gesellschafter die Bundesrepublik Deutschland sowie aktuell zwölf deutsche Bundesländer sind. Zusätzlich zu den Anfang der Neunzigerjahre übertragenen Verkehrsprojekte Deutsche Einheit (VDE)-Straße wurde die DEGES mit der Realisierung von VDE-Zubringern beauftragt. Hinzu kamen sonstige Straßenprojekte der Länder. Autobahnprojekte setzt die DEGES im Auftrag der Autobahn GmbH des Bundes um, Bundesstraßenprojekte im Auftrag der Bundesländer. Grundsätzlich ist es damit etwa dem Bundesland Baden-Württemberg als Gesellschafter der DEGES möglich, Planungen an die DEGES zu übertragen, machte hiervon bisher aber nicht Gebrauch. Die Landesregierungen unter Grünen-Beteiligung verwiesen lieber auf fehlende Planungskapazitäten des Landes, begannen mit Radwegeplanungen und schoben Bundesplanungen trotz gesetzlichem Planungsauftrag auf. Sie verwiesen hierbei auf ein starres Priorisierungskonzept, wie in einer Planwirtschaft.
Pläne zum privatwirtschaftlichen Ausbau der Bundesstraße 30
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung prüfte 2010/2011 auf Initiative des Ravensburger Bundestagsabgeordneten Dr. Andreas Schockenhoff die Möglichkeiten einer etwaigen privat finanzierten Realisierung für den Bau der Bundesstraße 30. Ausschlaggebend hierzu dürfte zu diesem Zeitpunkt die Pläne zur Fertigstellung der Großen Ortsumfahrung Ravensburg sein, für deren Baubeginn seit Jahren die finanziellen Mittel des Bundes fehlten.
Zum anvisierten privatwirtschaftlichen Ausbau der Bundesstraße 30 wurde in der Folge im Rahmen einer ersten Untersuchung „Chancen einer privatwirtschaftlichen Realisierung des 4-streifigen Neu-/Ausbaus der B 30 zwischen Ulm und Friedrichshafen“ eine etwaige ÖPP-Eignung abgeschätzt. Die in diesem Rahmen erarbeiteten vorläufigen Teilergebnisse unterzog das Bundesministerium für Verkehr einer ersten internen Würdigung und Auswertung. Abschließende Schlussfolgerungen ließen sich zu dieser Zeit noch nicht ziehen.
In der Folge befassten sich nicht nur die regionalen Gremien mit einer ÖPP-Finanzierung der Bundesstraße 30. Beteiligt war etwa der Regionalverband und die IHK Bodensee-Oberschwaben, wie auch Landkreise und Kommunen. Die „Initiative B30“ führte zudem Gespräche mit dem Investor. Demnach war vorgesehen, auf der B 30 eine Lkw-Maut von Ulm bis Friedrichshafen von 15 Cent pro Kilometer zu erheben. Die Einnahmen reichten für den Unterhalt, den Betrieb des Mautsystems, für den Ausbau der Bundesstraße von Ravensburg bis Friedrichshafen und Ausbau von Bad Waldsee bis zum Egelsee aus. Für den Streckenabschnitt von Bad Waldsee bis Biberach/Riß hätten grundsätzlich keine Ausbaugelder zur Verfügung gestanden. Für den Streckenabschnitt Bad Waldsee bis Oberessendorf wäre jedoch ein 3-streifiger Zwischenausbau möglich gewesen. Da der Streckenabschnitt Oberessendorf bis Biberach/Riß bereits teilweise 3-streifig ausgebaut war, waren hier keine Investitionen vorgesehen. Der Investor sah zudem eine Tunnellösung für Gaisbeuren kritisch und wünschte ein vertiefendes Gespräch mit der „Initiative B30“. Dazu kam es jedoch nicht mehr. Mit dem Regierungswechsel in Baden-Württemberg im März 2011 erhielt Bündnis 90/Die Grünen das Landesverkehrsministerium.
Als Alternative brachte die „Initiative B30“ eine Planungsaufnahme mit Hilfe von § 6 Fernstraßenausbaugesetz ins Gespräch. Darauf reagierten die Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius, Stephan Kühn, Ingrid Nestle, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms, Cornelia Behm, Harald Ebner, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Undine Kurth, Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Dr. Hermann E. Ott, Dorothea Steiner, Markus Tressel und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in dem sie am 22. November 2011 den Entwurf eines Planungsverhinderungsgesetzes in den Bundestag einbrachten. Der Gesetzentwurf fand im Parlament jedoch keine Mehrheit.
In der Folge kam es an der Bundesstraße 30 weder zu einer ÖPP-Finanzierung noch einer Planungsaufnahme mittels § 6 Fernstraßenausbaugesetz.
Seite erstellt am: 16. Feb. 2021