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(Berlin) - Drei Tage und rund 30 Stunden rangen die Parteispitzen der Ampel-Koalition um einen Kompromiss. Reichlich Kritik gibt es nun aus verschiedenen Richtungen. Die Vertreter der Bundesregierung verteidigen dagegen die hart errungenen Beschlüsse.
SPD, FDP und Grüne vereinbarten am Dienstag u.a. eine erleichterte und beschleunigte Planung nicht nur für den Ausbau von regenerativer Stromerzeugung, Stromnetzen und Bahnverkehr voranzutreiben, sondern auch für 144 Autobahn-Projekte, die sie als Engpässe sehen.
SPD kritisiert FDP und Grüne
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte bei einem Auftritt bei der Talkrunde von Markus Lanz am 29. März: Die SPD koaliere mit zwei Parteien, in der die eine gern alles bauen wolle, was jemals das Licht der Welt in einem Bundesverkehrswegeplan erblickt habe, und die anderen wollten nie wieder einen Meter Straße bauen. Da sei es für die SPD schwierig, ein Alleinstellungsmerkmal zu haben. Man wolle eine funktionierende Mobilität und habe dabei weder in die eine die noch in die andere Richtung eine Extremposition.
Habeck hält Ausbremsung der Planungsbeschleunigung für möglich
Zuvor hatte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im heute-Journal des ZDF zu den Beschlüssen geäußert. Er hält es für möglich, dass die beschlossene Planungsbeschleunigung dadurch ausgebremst wird, dass der langwierige Diskussionsprozess der Ampel-Koalition noch einmal auf Länderebene fortgesetzt wird. Ein überragendes öffentliches Interesse an einer beschleunigten Infrastruktur-Planung soll im Einvernehmen mit dem jeweiligen Bundesland festgeschrieben werden. Aus seiner Sicht komme es darauf an, dass die drei Parteien auf die unteren Ebenen entsprechend einwirken.
Grüne Jugend sauer
Die Grüne Jugend benannte aus ihrer Sicht Schuldige: „Kanzler Olaf Scholz und FDP-Finanzminister Christian Lindner haben sich gegen den Klimaschutz verbrüdert“, sagte ihr Bundessprecher Timon Dzienus. Im Berliner Tagesspiegel erklärte er: „Die Ampel ist mit dem Anspruch angetreten, dass sie die letzte Regierung ist, die noch Einfluss auf die Klimakrise nehmen kann. Dem scheint diese Koalition gerade nicht gerecht zu werden.“
Speditionsverband befürchtet Insolvenzen
Der Speditionsverband BGL kritisiert den von den Grünen durchgesetzten Punkt: die Erhöhung der LKW-Maut zugunsten von Investitionen in die Bahn. Verbandschef Dirk Engelhardt befürchtet Insolvenzen. Seine Branche habe bestenfalls drei Prozent Umsatzrendite. Im Fernverkehr verdoppele sich der Mautkostenanteil nun aber von circa 10 auf 20 Prozent.
CSU, AfD und Linke kritisieren Belastung von Einkommensschwachen
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) schloss sich dieser Kritik an. Er sorgt sich um die kleinen Geldbeutel, denn die gestiegenen Transportkosten würden zu höheren Preisen für Verbraucher führen. Die Anhebung der Lkw-Maut sei eine Steuererhöhung. Die Ampel, meint Söder, heize die Inflation weiter an. In diese Richtung argumentierten auch AfD und Linke.
DIW: „Klimakatastrophen-Kanzler“
Umweltverbände kritisieren die Beschlüsse insgesamt scharf. Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des ökologischen Verkehrsclubs VCD, kommentierte: „Statt die Herausforderungen des Klimawandels anzugehen und vor allem das Sorgenkind Verkehr endlich auf Kurs zu setzen, will die Koalition die verbindlichen Sektorziele streichen.“ Claudia Kemfert, Ökonomin und Energie-Expertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), nannte Scholz einen „Klimakatastrophen-Kanzler“. Dem Verkehrssektor gebe man mit den aktuellen Beschlüssen „einen Freifahrtschein“.