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08.10.2024 - 08:52 Uhr
Franz Fischer Nr. 8763
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Franz Fischer
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Greenpeace-Bericht spaltet: Bürgerinitiativen fühlen sich verunglimpft
(Hamburg) - Greenpeace enthüllt nach eigenen Angaben in seinem neuen Bericht „Asphalt statt Alternativen“ die engen Verflechtungen zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, die den Ausbau des deutschen Straßennetzes vorantreiben. Dabei rückt es auch Bürgerinitiativen in ein fragwürdiges Licht.
Laut Greenpeace profitieren vom Straßenbau vor allem wenige Großunternehmen. Zwei Drittel der im Lobbyregister des Bundestags erfassten Akteure im Bereich Verkehrsinfrastruktur sind Unternehmen oder Wirtschaftsverbände. Dem Bericht zufolge wird der Ausbau des Straßennetzes trotz massiver Umweltbedenken vorangetrieben, während nachhaltige Verkehrslösungen wie Schiene und öffentlicher Nahverkehr vernachlässigt würden.
Bürgerinitiativen pro Straßenbau seien Schlüsselakteure des Lobbygeflechts der „Asphalt-Apologeten“. Einige hätten wirtschaftliche Interessen und andere wollten ihre Macht sichern. Zudem verbreiteten sie Lügen, förderten die Versiegelung der Landschaft und beeinträchtigten die Tier- und Pflanzenwelt sowie das Klima. Auch am Verfall von Brücken seien sie schuld.
Greenpeace warnt, dass diese Straßenbaulobby den Klimaschutz behindert und eine dringend notwendige Verkehrswende blockiert.
„Die deutsche Straßenbau-Maschinerie betoniert unaufhaltsam und ignoriert dabei nicht nur Umweltbedenken, sondern erschwert auch eine nachhaltige Verkehrswende. Sie nimmt erfolgreich Einfluss darauf, dass das Verkehrsministerium sich nicht auf bröckelnde Brücken konzentriert”, sagt Lena Donat, Verkehrsexpertin bei Greenpeace. Sie fordert eine Verkehrspolitik, die sich an den Bedürfnissen der Gesellschaft orientiere und nicht an den wirtschaftlichen Interessen einiger Weniger. Darunter versteht sie die Sanierung des bestehenden Netzes und Alternativen wie die Bahn.[1] Deutschland habe bereits eines der dichtesten Straßennetze Europas mit rund 13.000 Kilometern Autobahnen und 38.000 Kilometern Bundesstraßen.
Gegendarstellung
In einer Gegendarstellung weisen Bürgerinitiativen auf zentrale Kritikpunkte am Greenpeace-Bericht hin. Bürgerinitiativen werden im Bericht als Teil eines von der Autoindustrie gestützten Lobbygeflechts verunglimpft. Laut der Gegendarstellung ist diese Darstellung irreführend, da viele dieser Initiativen legitime Anliegen wie die Entlastung von Anwohnern und die Verbesserung der Verkehrssicherheit verfolgen. Greenpeace behauptet, dass einige dieser Bürgerinitiativen künstlich geschaffen und von der Automobilindustrie finanziell unterstützt werden, um den Ausbau des Straßennetzes zu fördern.
Die Gegendarstellung wirft Greenpeace zudem vor, ein verzerrtes Bild zu zeichnen, indem Bürgerinitiativen pro Straßenbau auf dieselbe Stufe wie Baukonzerne gestellt werden, während Initiativen contra Straßenbau als die „Guten“ dargestellt werden. Es wird betont, dass der Bundesverkehrswegeplan nicht nur Straßenbauprojekte, sondern auch Schienen- und Wasserstraßenprojekte umfasst. Kritisiert wird außerdem, dass Greenpeace Anwohner, die unter starkem Verkehr leiden, und Opfer von Verkehrsunfällen in der Diskussion außen vor lässt.
Die Darstellung, dass es keine Netzplanung gebe, sei ebenfalls falsch. Baden-Württemberg habe beispielsweise eine Netzplanung im Rahmen des BVWP 2030 angestrebt. Abschließend wird die Quellenlage des Greenpeace-Berichts als fragwürdig eingestuft, da sich die Organisation auf Presseveröffentlichungen, andere fragwürdige Umweltorganisationen und Thinktanks stützt, ohne deren Inhalte kritisch zu hinterfragen.
Grüne loben die Greenpeace-Studie
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hält an den Fernstraßen-Ausbauplänen fest. Die Grünen, die mit der FDP in der Ampel-Koalition sind, sehen die Ausbaupläne dagegen kritisch, die aufgrund großen Lobbydrucks zustande kämen. Susanne Menge, Obfrau im Verkehrsausschuss, lobt in diesem Zusammenhang die Greenpeace-Studie. „Die Recherche zeigt eindrücklich, wie das Netzwerk der Pkw-Lobby in so viele gesellschaftliche Bereiche hineinreicht. Auch immer mehr Parteien stellen sich völlig unverbrämt einseitig hinter die Interessen der Autofahrenden.“ Die Grünen hielten weiter dagegen, „auch wenn es auf Bundesebene schwer ist, Unterstützung für eine progressive Mobilitätspolitik zu bekommen“.[2]
(Karikatur KI-generiert)