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(Berlin) - Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) steht wieder in der Schusslinie: Sein Ministerium zweifele am Konzept, Verkehr zum Klimaschutz auf die Schiene zu verlagern und schlage sogar vor, die Straße zu fördern.
Laut dem „Handelsblatt“ heißt es in einem Bericht des Bundesverkehrsministeriums an den Verkehrsausschuss des Bundestages, dass Klima- und Verlagerungsziele zu trennen seien. Das stehe im Widerspruch zum Ziel im Koalitionsvertrag, nach dem bis 2030 doppelt so viele Menschen Bahn fahren sollen und die Transportleistung der Schiene auf ein Viertel des gesamten Güteraufkommens steigen soll. Ein Hauptziel ist dabei eine Verringerung klimawirksamer Emissionen.
Das Verkehrsministerium spricht im Bericht von einem grundlegenden Strukturwandel durch die Elektrifizierung des Straßenverkehrs aus erneuerbaren Energiequellen, der dazu führe, dass die bisherige Sichtweise und damit die Grundlage für die Ziele des Koalitionsvertrags „für die Jahre nach 2045“ nicht mehr relevant sei.
Güterstrukturwandel führt zu mehr Verkehr auf Fernstraßen
Da laut einer aktuellen Prognose des Verkehrsministeriums auch in den nächsten Jahrzehnten der Großteil des Verkehrs auf Fernstraßen stattfinden werde, müssten diese stärker gefördert werden. Die Analyse des Ministeriums sieht voraus, dass der Verkehr bis 2051 besonders auf der Straße kräftig zunehmen wird.
Grund sei ein „Güterstrukturwandel“, bei dem absehbar immer mehr Pakete, Lebensmittel oder Papier, dank der Energiewende aber deutlich weniger Kohle, Koks oder Mineralölprodukte befördert würden. Dadurch müssten „viel mehr Güterzüge mit leichteren Stückgütern fahren, um den Wegfall der schweren Massengüter überhaupt nur auszugleichen“, schließt daraus das Ministerium. Die Binnenschifffahrt hingegen soll durch immer häufigere Niedrigwasserphasen durch den Klimawandel Marktanteile einbüßen.
Unverständnis über Ministerium
SPD-Fraktionsvize Detlef Müller reagiert auf Wissings Pläne, die Straße stärker zu fördern, mit der Entgegnung, dass es keine Abkehr von dem Ziel, Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern gebe. Das Ziel bleibe richtig, allein weil schon heute 100.000 Lkw-Fahrer fehlten und es damit „effizienter und ressourcenschonend sei, viele Güter mit langen Zügen zu transportieren.“ Er erinnerte zudem daran, dass es die vom Ministerium als Argument angeführte Elektromobilität noch längst nicht in den Straßengüterverkehr geschafft habe. Wissing hatte in den vergangenen Wochen die Alternative „E-Fuels“ vehement verteidigt, für die er eine Ausnahme in einem EU-Gesetz forderte.
Bahn erhält zusätzlich 45 Milliarden Euro
Das Verkehrsministerium hält seine eigenen Annahmen für die Bahn angesichts ihres schlechten Zustands für ambitioniert. Um das erwartete Wachstum des Schienengüterverkehrs um ein Drittel bis 2051 zu ermöglichen, werde der Bund Gleisanschlüsse reaktivieren und mehr Kapazitäten durch eine bessere Steuerung der Güter schaffen. Es solle auch beim geplanten Halbstundentakt für Personenzüge auf den Hauptstrecken bleiben. Beides werde unterstützt durch weitere 45 Milliarden Euro, welche der Bahn bis 2027 bereitgestellt werden, wie es die Koalition kürzlich beschlossen hat. Das Geld soll aus einer Erhöhung der Lkw-Maut kommen.