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07.04.2023 - 23:20 Uhr
Franz Fischer Nr. 8202
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Franz Fischer
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Fachleute warnen vor Fahrermangel, fehlende Lkw-Parkplätze und CO2-Maut
(Berlin) - Fahrermangel, fehlende Lkw-Parkplätze und steigende Mautkosten waren einige der Themen, die im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses zum Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Güterverkehrs- und Logistikbranche aus der Krise führen“ (20/3932) am Montag, den 27. März 2023, diskutiert wurden. Dabei warnte unter anderem Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), angesichts des sich verschärfenden Lkw-Fahrermangels vor einem Versorgungskollaps in Deutschland.
Sozialdumping und Fahrernomadentum
„In ein, zwei Jahren haben wir englische Verhältnisse aufgrund des demographischen Wandels“, sagte Engelhardt. Der Fahrermangel sei inzwischen auch nicht mehr durch Osteuropa zu kompensieren, weil es ihn auch dort gebe. Der BGL-Vorstandssprecher forderte, Sozialdumping und Fahrernomadentum entschieden zu bekämpfen, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Ein großes Problem für die Branche sei auch die Doppelbelastung durch die CO2-Maut und das Brennstoffemissionshandelsgesetz, die nicht hinnehmbar sei. Die CO2-Maut, so sagte er, werde keine Lenkungswirkung hin zu batteriebetriebenen Lkw haben, „weil die Unternehmer keine solchen Fahrzeuge anschaffen können“. Die Kostensteigerung werde schlussendlich beim Verbraucher landen.
Corona, Lieferketten, Energiepreise
Gegen die CO2-Maut wandte sich der Speditionsunternehmer Josef Dischner aus Weiding im Landkreis Cham (Bayern). Die Branche leide noch immer unter der Corona-Krise, der Unterbrechung der Lieferketten, steigender Energiepreise und der hohen Inflation. „Zum aktuellen Zeitpunkt darf es keine weiteren Kostenerhöhungen geben“, betonte er. Die Situation sei in jeder Hinsicht sehr angespannt.
Auch Dischner sah keine Lenkungswirkung der CO2-Maut. Elektro-Lkw etwa seien schlichtweg nicht in der Lage, die von seinem Unternehmen durchgeführten Transporte auszuführen. E-Lkw hätten zehn bis 15 Prozent der Reichweiten eines Diesel-Lkw. „Wir brauchen also deutlich mehr Reichweiten und eine funktionierende Infrastruktur“, sagte der Speditionsunternehmer.
Bußgelder im europäischen Vergleich
Thomas Fiala, Polizeihauptkommissar im Polizeipräsidium Köln bei der Direktion Verkehr, sprach von einer suboptimalen Kontrolldichte des Lkw-Verkehrs. Immer öfter höre er, dass einzelne Fahrer zehn Jahre und länger nicht kontrolliert worden seien. Der fehlende flächige Kontrolldruck führe zu Wettbewerbsverzerrungen „zu Lasten deutscher Unternehmen“.
Zudem seien die deutschen Bußgelder im europäischen Vergleich „geradezu lächerlich und nicht abschreckend“, befand Fiala. Verstöße gegen die Abstandsregelung bei Lkw etwa seien europaweit nicht vollstreckbar, „im Gegensatz zur Parkknolle, die von Finnland bis Zypern ahndbar ist“. Unerträglich, so der Polizeibeamte, sei die Parkplatzsituation für Lkw. Der Parkplatzausbau müsse forciert werden, verlangte Fiala.
Nutzung der Schiene als Alternative
Aus Sicht von Ingo Hodea vom Bundesverband Spedition und Logistik hat sich die Branche in den verschiedenen Krisen als resilient erwiesen. Ein Kollaps sei nicht in Sicht, befand er. Gleichzeitig dürfe es aber auch kein „Weiter so“ geben. Hodea machte deutlich, dass schon jetzt viele Spediteure verstärkt die Schiene nutzen würden, wenn es ausreichende Kapazitäten gäbe.
Nach wie vor werde aber „in unserer arbeitsteiligen Wirtschaft“ auch die Straße benötigt. „Wir brauchen den Lkw in der Fläche und zur Versorgung urbaner Zentren“, sagte er. Dort dürften ihm nicht Steine in den Weg gelegt werden - etwa in Form von Fahrverboten.
Hilfstätigkeiten an der Verladerampe
Christian Hoffmann, Präsident des Bundesamtes für Logistik und Mobilität, hält die in Deutschland möglichen Bußgeldhöhen nicht für zu klein. 1.250 Euro würden bei einem fahrlässigen Kabotageverstoß fällig - 2.500 Euro bei Vorsatz.
Auch Hoffmann ging auf den Fahrermangel und die zu verbessernden Arbeitsbedingungen ein. Insbesondere im Fernverkehr sei es misslich, wenn aufgrund fehlender Verabredungen zwischen Spediteur und ent- oder beladendem Unternehmen die Fahrer für Hilfstätigkeiten an der Verladerampe hinzugezogen würden.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Nach Einschätzung von Ronny Keller von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ist der Fahrermangel nur durch gute Arbeitsbedingungen und einen attraktiven „Arbeitsplatz Lkw“ zu beseitigen. Es brauche eine auskömmliche Bezahlung und Arbeitsbedingungen, die durch Tarifverträge verbindlich gelten. Ebenso brauche es aber auch menschenwürdige Rahmenbedingungen unterwegs auf der Straße und an den Raststätten.
Keller forderte zugleich eine Tourenplanung, die einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf förderlich ist und Abwesenheitszeiten vom Wohnort durch kombinierten Verkehr sowie Begegnungsverkehr reduziert. Der Verdi-Vertreter plädierte zudem für den Ausbau von kombinierten Verkehren und eine nachhaltige Verlagerung von Transporten auf die Schiene und auf Wasserverkehrsstraßen.
„Schwarz-Weiß-Diskussion“ Straße oder Schiene
Peter Westenberger, Geschäftsführer beim Netzwerk Europäischer Eisenbahnen, forderte eine Abkehr von der „Schwarz-Weiß-Diskussion“ Straße oder Schiene. Er warb für die Attraktivitätssteigerung intermodaler Logistikketten. Dazu brauche es einen entschlossenen intermodal ausgerichteten Infrastrukturausbau sowie eine Anlastung der externen Kosten für die Treibhausgasemissionen über die Lkw-Maut.
Somit käme man zu einer diskriminierungsfreien Erfassung ausländischer Fahrzeuge, könne einen Anreiz zur Verbesserung der Auslastung setzen und schaffe Verwendungsmöglichkeiten für intermodal angelegte Verbesserungen des Transportangebots für die verladene Wirtschaft.
Antrag der Union
Zur Lösung der aktuellen Krise der Güterverkehrs- und Logistikbranche soll nach dem Willen der CDU/CSU-Fraktion ein Runder Tisch unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums eingerichtet werden. Ebenso soll ein zweiter Runder Tisch zur Erarbeitung von Lösungsvorschlägen zur Bekämpfung des Berufskraftfahrermangels unter Federführung des Ministeriums initiiert werden, heißt es in ihrem Antrag. Zudem soll auf eine Erhöhung der Lkw-Maut in zwei Phasen ab Januar 2023 verzichtet und stattdessen eine umfassende und langfristig kalkulierbare Mautreform zum Ende des Jahres 2023 vorbereitet werden.
Darüber hinaus setzt sich die Union für eine Beschleunigung der Instandsetzung der Verkehrsinfrastruktur und des Baus von Lkw-Parkplätzen und Autohöfen mit angemessener sanitärer Infrastruktur ein. Der Beruf „Lkw-/Berufskraftfahrer“ soll zum Engpassberuf erklärt, die Erlangung des Lkw-Führerscheins durch Reformierung des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes erleichtert und in Fremdsprachen ermöglicht sowie die Ausbildung europaweit harmonisiert werden.