29.03.2023 - 02:04 Uhr
Franz Fischer
Nr. 8191
512

Ampel-Koalition schießt mit Kuhhandel Bundesstraßen und Ortsumfahrungen ins Abseits

(Berlin) - Nach dreitägigen Beratungen des Koalitionsausschusses, von rund 30 Stunden, einigten sich am Dienstagabend SPD, Grüne und FDP: Sie präsentierten ein Reformpaket, das vor allem Planungen beim Schienennetz und von Autobahnen beschleunigen soll. Dafür werden Bundesstraßen und Ortsumfahrungen geopfert. Die Koalitionäre sind sich einig, dass es hier keiner Planungsbeschleunigung bedarf.

SPD-Chef Lars Klingbeil, Grünen-Chefin Ricarda Lang und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner äußerten sich zufrieden mit den Ergebnissen. Die Einigung gehe mit Zumutungen für alle Koalitionspartner einher, sagte Lang.


Lkw-Maut wird zur Bahnfinanzierung erhöht
Lang sagte, die Koalition wolle die Lkw-Maut erhöhen, um mehr Spielraum für Investitionen in die Bahn zu haben. Die zusätzlichen Einnahmen sollen zu 80 Prozent in den Ausbau der Schiene, in eine moderne Bahn fließen, sagte die Grünen-Chefin. Den Finanzbedarf der Bahn bezifferte sie auf 45 Milliarden Euro bis 2027. Die Lkw-Maut wird demnach ab 2024 mindestens um das Zweieinhalb- bis Dreifache erhöht. Zudem sollen ab 2024 auch Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen Lkw-Maut bezahlen.


Nur Autobahnprojekte und Brücken werden beschleunigt
Gleichzeitig willigten die Grünen Lang zufolge ein, Autobahnprojekte zu beschleunigen. Bei Autobahn-Neubauten solle es künftig aber eine Prüfung geben, wie die Fläche daneben für Solaranlagen genutzt werden könne. Grünen-Chefin Lang sprach von einer „begrenzten Anzahl von Straßen“, für die dies gelte. FDP-Chef Lindner nannte „144 Autobahnprojekte“, die als „von überragendem Interesse eingestuft“ und entsprechend prioritär behandelt würden. Fast alle sollen in Ballungsräumen liegen. Bundesstraßen und Ortsumfahrungen werden nicht beschleunigt, da damit keine Engpässe beseitigt würden.

Des weiteren sollen existierende marode Brücken deutlich schneller und einfacher saniert oder ersetzt werden. Dabei könne für die Gestaltung einer Ersatzbrücke auch die künftige Verkehrsentwicklung berücksichtigt werden.


Sektorziele werden geändert
Im Gegenzug peilt die Koalition eine Änderung des Klimaschutzgesetzes an: Die bislang strikten Emissionsvorgaben für einzelne Wirtschaftssektoren sollen aufgegeben werden. „Die reine Sektor-Orientierung überwinden wir“, sagte FDP-Chef Lindner. „Wir sorgen dafür, dass sich die Sektoren gegenseitig helfen können.“ Man schaue nicht mehr jährlich auf die Ziele und blicke nicht mehr zurück, sondern nach vorne bis zum Jahr 2030. Der Verkehrssektor verfehlte die Sektorziele zuletzt. Künftig soll etwa der Energie-Bereich mit einer Übererfüllung dem Verkehr helfen können, was Druck von Verkehrsminister Volker Wissing nehmen würde.


Verbot von Öl- und Gasheizungen wird überarbeitet
Die Ampel-Koalition hält an den Plänen fest, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Bestehende Heizungen dürfen aber weiter betrieben und repariert werden. Ist eine Heizung jedoch irreparabel, muss sie nach derzeitigem Stand ausgetauscht werden. Der entsprechende Gesetzentwurf wird überarbeitet.

Der entsprechende Gesetzentwurf werde im April von der Bundesregierung auf den Weg gebracht, heißt es in einem 16-seitigen Beschluss für ein „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung“.

 


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