02.02.2023 - 21:04 Uhr
Franz Fischer
Nr. 8101
248

Fridays for Future und Sozialprofessor wollen Straßenbau stoppen

(Berlin) - Gegen die Pläne den Neu- und Ausbau von Bundesfernstraßen zu beschleunigen will Fridays for Future an diesem Freitag in ganz Deutschland protestieren. Die Sprecherin der Bewegung, Luisa Neubauer, fordert von der Ampel-Koalition ein Autobahnmoratorium. Der De-facto-Boykott der Klimaziele durch Volker Wissing gefährde die Einhaltung jeglicher Klimaversprechen Deutschlands, schrieb sie auf Twitter.


Beste Straßen in Europa
„Kaum ein Land in Europa hat so ein enges Straßennetz wie Deutschland“, schrieb Neubauer. Einen Bedarf für Hunderte neue Autobahnkilometer sieht sie nicht. Der Bundesverkehrswegeplan, sei „weniger ein Plan, als eine Liste angesammelter Ausbau-Ideen diverser Verkehrsminister aus diversen Jahrzehnten“, kritisierte Neubauer. In einem Webinar kündigte sie an, dass Fridays for Future sich 2023 auf den Protest gegen neue Autobahnen fokussieren werde.


Straßen nicht mehr zeitgemäß
Unterstützt wird ein Ausbau-Moratorium vom Berliner Sozialprofessor Andreas Knie. Viele Annahmen, die zur Bewilligung des Autobahn-Ausbaus geführt haben, seien nicht mehr gültig, sagte er dem Tagesspiegel Background. Beschlossen wurden die Projekte vor der Corona-Pandemie, dem Ukraine-Krieg und bevor das Bundesverfassungsgericht sein Klimaschutz-Urteil gefällt hat. „Deshalb sollte die Politik jetzt sagen: Stopp mal, wir müssen gucken, wie sinnvoll diese Projekte noch sind“, findet der Soziologe vom Wissenschaftszentrum Berlin.


Verkehr habe abgenommen und werde weiter abnehmen
Die Doppelkrise der vergangenen Jahre habe nicht nur das Wirtschaftswachstum reduziert, die Pandemie habe auch das Mobilitätsverhalten verändert, erklärte Knie. „Auf Strecken über 50 Kilometer gibt es im Personenverkehr einen Rückgang der gefahrenen Kilometer um 20 bis 25 Prozent“, so der Professor unter Verweis auf ein aktuell laufendes Forschungsprojekt.

Knie geht davon aus, dass dieser in der Corona-Zeit gestartete Trend stabil bleibt. Dank Homeoffice gingen die berufsbezogenen Wege stark zurück. Zudem werde die Gesellschaft immer älter, weshalb zunehmend mehr Menschen nicht mehr zur Arbeitsstelle pendeln müssten. „Das Verkehrsaufkommen auf unseren Straßen stagniert“, sagte Knie.


Verkehrsministerium erwartet nur vorübergehenden Rückgang
Die Experten des Bundesverkehrsministeriums halten das für abwegig. Dass der Verkehr dauerhaft nicht mehr zunehmen werde, habe er noch nie gehört, sagte ein Gutachter. Das Verkehrsministerium verweist auf Anfrage auf die zuletzt im Oktober 2022 aktualisierte „gleitende Mittelfristprognose“ für das Verkehrsaufkommen.

Darin gehen die beauftragten Planungsbüros davon aus, dass der motorisierte Individualverkehr bis 2024 nicht das Vor-Corona-Niveau von 2019 erreichen wird. Dämpfend wirken sich laut einem Ministeriumssprecher der Trend zum Homeoffice sowie die gestiegenen Kraftstoffpreise nach Beginn des Ukraine-Krieges aus. Dieser Trend könne auch noch bis 2026 anhalten.

„Danach steigt das Verkehrsaufkommen im Personenverkehr aber wieder an“, sagte ein Sprecher. Zukünftig setzten sich E-Autos zunehmend durch, die geringere Betriebskosten als Verbrennerautos haben. Das spiegelt sich auch in der „Gleitenden Langfristverkehrsprognose“ wider. Bis 2051 erwartet das Bundesverkehrsministerium 5,4 Prozent mehr motorisierten Individualverkehr.


Hoher CO2-Preis soll Transporte unrentabel machen
Professor Knie fordert Bundesminister Wissing auf, steuernd einzugreifen. „Wenn der Transport teurer wird, werden wir wieder mehr regionale Wirtschaftskreisläufe haben“, sagt er. Mit einem hohen CO2-Preis für den Verkehr lohne es sich nicht mehr, Joghurt durch halb Europa zu fahren. „Es wird dann schlichtweg weniger transportiert.“ Dadurch werde der Güterverkehr zurückgehen.

Wissing verwies zuletzt darauf, dass die Transportmenge auf der Straße bis 2051 jedoch um 34 Prozent steigen könnte. Die Transportleistung, die auch die gefahrenen Kilometer einbezieht, wächst nach den Prognosen seines Ministeriums sogar um 54 Prozent.


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(Berlin) - Da das Bundesverkehrsministerium bis Montagmittag kein Sofortprogramm präsentiert hat, wie im Verkehrssektor weniger Emissionen ausgestoßen werden können, hat die Klimabewegung „Fridays for Future“ ein ei...