25.09.2022 - 21:01 Uhr
Franz Fischer
Nr. 7931
336

Grüne beschließen Verkehrswende im ländlichen Raum

(Donaueschingen) - Der ländliche Raum braucht keine Autos, sondern Fußwege, Radwege und einen Ausbau des Nahverkehrs, der auf den Bedürfnissen von Frauen liegt. Das beschloss die 41. Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen am Samstag in Donaueschingen. Rund 200 Delegierte folgten dem Antrag „Weil Zukunft vor Ort beginnt - Für starke ländliche Räume in Baden-Württemberg“.

Das Auto muss weg
„Wir wollen, dass die Mobilität auch in den ländlichen Räumen nicht vom eigenen Auto abhängig ist“, heißt es im Beschluss. Menschen im ländlichen Raum sollen zu Fuß gehen, mit dem Fahrrad fahren oder den öffentlichen Verkehr nutzen. Allenfalls Elektroautos und Carsharing soll es noch geben. Durch Elektroautos „können die Menschen schnell von Lärm und Abgasen befreit und klimaschädliche Emissionen gemindert werden“, so die Grünen. Die Ladeinfrastruktur soll im ganzen Land verbessert werden.

Straßen und Verkehrsflächen beseitigen, Flächenverbrauch stoppen
Überdimensionierte Verkehrsanlagen und nicht mehr benötigte Infrastruktur wollen die Grünen umnutzen, rückbauen und entsiegeln. Insbesondere der Verbrauch von Verkehrsflächen müsse zukünftig in den Fokus genommen werden.

Die Landwirtschaft versorge das Land mit sauberem Wasser und guter Luft, heißt es in Zeile 589 des Beschlusses. Landwirtschaftliche Flächen dürften zur Verhinderung von Flächenversiegelung, von Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts und zur Aufrechterhaltung von Biodiversität und Ernährungssicherheit nicht beliebig anderen Nutzungen zugeführt werden.

Der Wohnungsbau soll durch Abschaffung von §13b erschwert werden. Im ländlichen Raum sei der damit verbundene Flächenverbrauch nicht vertretbar.

Der Flächenverbrauch soll bis 2035 gestoppt werden. „Die Diskussion darüber, wie wir vom Flächenverbrauch wegkommen können, treibt besonders die Bürger*innen in den ländlichen Räumen um“, behaupten die Grünen. Das Ziel laute „Netto-Null“ im ländlichen Raum. Gleichzeitig verlangen sie das bisherige Flächenziel von zwei Prozent der Landesfläche für regenerative Energien auf drei Prozent zu erhöhen.

Mobilitätsgarantie
Mit der Mobilitätsgarantie soll es im ländlichen Raum von früh bis spät in kleinen Orten mindestens einen Stundentakt, mittelfristig einen Halbstundentakt im ÖPNV geben. Mit dem Mobilitätspass wollen die Grünen den Kommunen die Möglichkeit geben Einwohner*innen („Bürgerticket“), Kfz-Halter*innen („Nahverkehrsabgabe“), Nutzer*innen („Straßenbenutzungsgebühr“) und Arbeitgeber*innen („Arbeitgeber*innen-Abgabe“) zur Finanzierung zu verpflichten.

Öffentlicher Verkehr fördern
Die Grünen wollen Bahnlinien reaktivieren, um die Bahn wieder in die Fläche und die ländlichen Räume zu bringen. An bestehenden Bahnstrecken sollen zusätzliche Haltepunkte errichtet werden. Rufbusse und Rufautos sollen das Auto überflüssig machen.

Zu einem guten ÖPNV-Angebot gehören für die Grünen attraktive Tarife. Mit dem Jugendticket soll junge Menschen die Fahrt im ÖPNV durch das ganze Land für 1 Euro am Tag möglich sein.

Landbewohner sollen zu Fuß gehen und mit dem Fahrrad fahren
„Das sichere Radfahren ist für uns als Grüne keine Angelegenheit nur für die Städte. Das Fahrrad, ob mit oder ohne elektrische Unterstützung, bietet sich vielfach auch auf dem Land an, um beispielsweise zur Arbeit oder zum Einkaufen zu fahren“, so der Beschluss.

Attraktive und sichere Radverkehrsverbindungen sollen gut ausgeschildert sein. Aus dem Umland sollten vermehrt Radschnellwege in die Ballungsräume gebaut werden. Zwischen den Orten wollen die Grünen die Fußwege- und Wanderwege ausbauen - auch entlang von Ortsverbindungsstraßen, „um die Autoverkehre zwischen den Orten der ländlichen Räume zu reduzieren und für Radfahrer*innen sichere Alternativen für kurze Fahrten zu schaffen“. Die Wege innerhalb oder zwischen naheliegenden Orten sollen häufiger zu Fuß zurückgelegt werden. Diese Wege, ebenso die Wanderwege, sollen auf Basis einer Fußweg-Konzeption ausgebaut werden.

Mobilitäts-App
Um Bus, Bahn und Fahrten mit Leih-Autos und -Fahrrädern enger zusammen zu denken, verlangen die Grünen mindestens eine landesweit einheitliche App. Damit sollen alle Mobilitätsdienstleistungen planbar, buchbar und nach dem Bestpreisprinzip bezahlbar gemacht werden.

Mobilitätszentralen und Fahrradmitnahme
An den Haltestellen des ÖPNV sollen die Verkehrsmittel zu Mobilitätszentralen vernetzt werden. Die Grünen fordern, dass in allen Regiobuslinien Fahrräder mitgenommen werden. Das ermögliche nicht nur Jugendlichen mehr eigenständige Mobilität ohne Elterntaxi und ohne Auto.

Aufseher in den Landkreisen
Auf der Ebene der Landkreise verlangen die Grünen Koordinatorinnen und Koordinatoren für Mobilität und Klimaschutz zur Unterstützung der kreisangehörigen Gemeinden beim Ausbau der nachhaltigen Mobilität.

Neue Verkehrsplanung
„Wir wollen auch in den ländlichen Räumen eine Verkehrsplanung, die allen Menschen gerecht wird. Damit auch Senior*innen und Menschen mit Behinderungen den öffentlichen Verkehr nutzen können, wollen wir dessen Barrierefreiheit stärker ausbauen. Ein besonderes Augenmerk beim Ausbau des Nahverkehrs muss auf den Bedürfnissen von Frauen liegen“, so der Beschluss abschließend.


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