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Selbst im Bundesverkehrsministerium wird mittlerweile von der „Verkehrswende“ gesprochen: Es müsse mehr Bus und Bahn geben, Vorfahrt fürs Fahrrad und Einschränkungen fürs Auto. Doch wie neue Daten zeigen, nimmt sogar in Großstädten die Bedeutung des Autos zu.
Das Bemühen um eine Verkehrswende scheint wenig mit der Realität der Menschen in Deutschland zu tun zu haben, meint Fokus Online am Freitag in einer Zusammenstellung aktueller Daten: Trotz mehr Fahrrad-Verkehr in der Corona-Pandemie, trotz eines aus Sicht vieler Bobachter erfolgreichen 9-Euro-Tickets und trotz hoher Verkaufszahlen für alternative Antriebe wie Elektroautos wird immer noch mit dem Auto gefahren.
580 Pkw je 1000 Einwohner zählte das Statistische Bundesamt im Jahr 2021. In den vergangenen zehn Jahren ist die Pkw-Dichte durchgehend gestiegen. 2011 gab es noch 517 Pkw je 1000 Einwohner. Auch eine aktuelle Umfrage von YouGov für das Center of Automotive Management (CAM) zur Mobilität der Deutschen zeigt: Für viele bleibt das Auto wichtig oder steigt sogar in seiner Bedeutung:
- 69 Prozent der Deutschen sagen, dass für sie ein privater Pkw angesichts ihrer derzeitigen Mobilitätssituation wichtig sei,
- davon gaben 42 Prozent an, dass sie auf das eigene Auto angewiesen sind.
Für junge Städter wird der Wagen wieder wichtiger
Bemerkenswert ist, dass in großen Städten die Lust aufs Auto sogar gewachsen ist. Jede vierte Städterin und jeder vierte Städter zwischen 18 und 34 Jahren gab in der Umfrage an, auf das Auto angewiesen zu sein, im Vergleich zu 17 Prozent im Jahr 2018. Interessant ist, dass fast ein Drittel der älteren Stadtbewohner angaben, einen privaten Pkw eigentlich nicht zu brauchen ihn aber trotzdem fahren.
„Die Bedeutung des eigenen Autos nimmt insbesondere bei jüngeren Stadtbewohnern wieder zu. Es zeigt sich, dass es den Städten in den letzten Jahren nicht gelungen ist, durch eine Verbesserung des öffentlichen Verkehrs und der Mobilitätsservices die junge Generation zum Verzicht auf das eigene Auto zu bewegen", sagt Studienleiter Professor Stefan Bratzel.
Auf dem Land geht es ohne Auto nur selten
Wenig überraschend ist die Tatsache, dass das Auto vor allem auf dem Land essenziell ist. So geben in der Umfrage unter Landbewohnern im Alter von 35 bis 54 Jahren, 65 Prozent an, auf ihr Auto angewiesen zu sein. Unter Stadtbewohnern in der gleichen Altersklasse sagen dies nur 36 Prozent.
Dissens zwischen Politik und Praktiker
„Autos sind nicht nur für die Menschen teuer, sondern auch für die ganze Gesellschaft, die Infrastruktur und massive Folgekosten bezahlt.“ Deutschland brauche „mehr, besseren und bezahlbareren öffentlichen Verkehr, mehr sichere Infrastruktur für Rad- und Fußverkehr“, so Stefan Gelbhaar, Sprecher für Verkehrspolitik der Grünen im Bundestag.
Für Michael Haberland, den Präsidenten des Autoclubs „Mobil in Deutschland“, ist das Konzept der Verkehrswende dagegen nicht mehr zeitgemäß: Wir wollen nach vorne. Nachhaltig durch Fleiß, Innovation und Erfindergeist und ohne Ideologie und Verbote.
Auch bei hohen Kosten wird Auto gefahren
Eine Mischung aus politisch gewollten Mehrkosten, etwa eine stetig steigende CO2-Steuer auf Kraftstoffe und Sondereffekte, wie die Ukraine-Krise, haben die Kosten fürs Autofahren im Jahr 2022 auf ein Rekordhoch katapultiert und trotzdem wird immer noch Auto gefahren.
Die Ergebnisse der Befragung „Trend-Tacho“ zeigen, dass die Deutschen bei hohen Kosten seltener und langsamer Auto fahren. Dazu wurden rund 1.000 Autofahrerinnen und Autofahrer befragt. Jedoch kann nur auf wenige Autofahrten verzichtet werden. Unbedingt notwendige Fahrten sind:
- Strecken zum Einkaufen und zum Abholen der Kinder (84%),
- Urlaubsfahrten und Freizeitaktivitäten (86%),
- der Weg zum Arbeitsplatz (83%). Der Home Office-Trend konnte den Anteil nur um 4% reduzieren.
Fazit
Auch die steigenden Kosten haben die erhoffte Verkehrswende, vor allem in Form eines Lebens ohne Auto, nicht eingeläutet. Die Abschaffung des Autos ist ein Konzept, das dem Mehrheitswillen nicht entspricht. Allerdings gibt es durchaus Änderungen im Nutzungsverhalten der Autofahrerinnen und Autofahrer. Einen Erfolg konnte die E-Mobilität erzielen: Die Bereitschaft zum Umstieg vom Verbrenner auf einen Stromer wächst stetig, wie Zulassungszahlen belegen.