30.08.2012 - 23:59 Uhr
Franz Fischer
Nr. 3744
623

Wo täglich Tausende Lkw vor der Haustür rollen

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(Gaisbeuren / Enzisreute) - 22.700 Fahrzeuge fahren auf der Bundesstraße 30 jeden Werktag durch Gaisbeuren und Enzisreute. Autos, Lieferwagen, Lastzüge fahren auf der Hauptverkehrsachse von Ulm nach Friedrichshafen. Vierspurig ist sie von Ulm bis Biberach und um Ravensburg ausgebaut. Zweispurig ist der Rest der Strecke - auch mitten durch die beiden Orte, die zu Bad Waldsee gehören.

Franz Fischer aus Gaisbeuren ist einer der 103 direkten Anwohner. Besonders schlimm sei es morgens von halb sieben bis acht und abends zwischen halb fünf und halb sechs. Dann stehen Pendler und Sattelschlepper oft im Stau vor den Ampeln, den einzigen an der B 30 zwischen Ulm und Ravensburg. Für Fußgänger lebenswichtig. Für die Anwohner kein Vergnügen - wenn Auto an Auto auf Grün wartet.

Fischer engagiert sich in der "Initiative B 30", hat sich zusammen mit einem Helfer durch Aktenberge und Zahlenkolonnen der Behörden gewühlt. Ergebnis: Gaisbeuren und Enzisreute sind Spitze - deutschlandweit. Traurige Spitze: Unter den 18 höchstbelasteten Ortsdurchfahrten im Bundesverkehrswegeplan sind 17, für die Umgehungen im Bau oder geplant sind. Nur für Gaisbeuren und Enzisreute gilt: keine Planung, erst recht kein Bau.

Sie sind nicht im "Vordringlichen Bedarf", also darf kein Geld zur Planung einer Umgehung ausgegeben werden. "Seit 50 Jahren muss Gaisbeuren warten", sagt Fischer, "da muss was passieren". Die Initiative trommelt dafür, dass ihre Orte hochgestuft werden im Bundesverkehrswegeplan - in den "Vordringlichen Bedarf". Dann könnte wenigstens das Planen einer Umgehung beginnen.

2015 soll der neue Bundesverkehrswegeplan stehen. Die Vorarbeiten im Bundesverkehrsministerium laufen. Zeit, auf sich aufmerksam zu machen, sagt Fischer. Zum Termin der Initiative ist Martin Rivoir nach Gaisbeuren gekommen, SPD-Landtagsabgeordneter aus Ulm, stellvertretender Vorsitzender im Verkehrsausschuss. Im Lkw-Lärm lässt er sich die Straße zeigen, bei geschlossenen Fenstern wird dann im Gasthof diskutiert.

Da geht es auch um Grundsätzliches: Dass Grün-Rot natürlich weiter Straßen baue. "Das Geld, das kommt, wird verbaut", versichert Rivoir. Nur überweise Berlin für Fernstraßenbau viel zu wenig. Mit Summen wie bisher dauere es "20 Jahre, um alles zu bauen, was jetzt schon im Vordringlichen Bedarf drin ist". Statt allen einfach alles zu versprechen, setze das Land jetzt Prioritäten. Das verärgere zwar die, die sich nicht oben auf der Liste finden, sei aber ehrlich. Helfen könnte nach 20 Jahren Aufbau Ost jetzt auch ein "Aufbau Südwest" - und eine Pkw-Maut, für die der SPD-Abgeordnete eintritt. Gaisbeuren und Enzisreute bräuchten Entlastung, sagt Rivoir," wenn man hier an der Straße steht, ist das schon eindrucksvoll. "

Der Abgeordnete verspricht Einsatz. Bad Waldsees Erster Beigeordneter Thomas Manz versichert, dass man am Ball sei. Während Gaisbeuren schon über eine Umgehungstrasse diskutiert: Östlich am Ort vorbei, westlich? Welche Anwohner trifft das? "Viel zu früh, über Trassenvarianten zu reden", sagt Manz. Nicht nur der Kämmerer weiß: Auch wenn die Ortsdurchfahrt im Vordringlichen Bedarf steht, dauert es bis zum Bau lange. Verbesserungen, die schneller möglich sind, seien denkbar, so Manz: Kreisverkehr, Tempolimit - all das müsse aber erst untersucht werden.

"An den Lärm gewöhnt man sich", sagt ein Landwirt, der in Gaisbeuren an der B 30 seinen Hof hat, seit 60 Jahren hier lebt und sein Schlafzimmer zur Straße raus hat. Es sei aber schlimmer geworden, "besonders mit der Lkw-Maut". Seither donnere mehr Schwerverkehr durch, der sich die Autobahnmaut spart. Schlimm auch, mit dem Traktor auf die B 30 zu müssen. Nicht einmal zu einer Unterführung hat es für Gaisbeuren gereicht. Warum? "Wir sind hier eben im letzten Zipfel, 40 Kilometer weiter, dann ist man in der Schweiz. Das hier interessiert doch in Stuttgart nicht!"

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